Zinstief bei der EZB wirkt auf Pensionsverpflichtungen

19. Februar, 2015

Das aktuelle Zinstief der EZB wirkt auf die Pensionsverpflichtungen von Unternehmen

In 2014 ist durch die niedrige Zinsentwicklung auf dem europäischen Finanzmarkt eine empfindliche Lücke zwischen Pensionsverpflichtungen und Deckung durch Eigenkapital bei vielen deutschen Unternehmen entstanden.

Welt am Sonntag und dpa berichten unter Berufung auf die Beratungsfirma Towers Watson von knapp 392 Mrd. Euro Gesamtpensionsverpflichtungen allein bei den DAX-30-Unternehmen. Das Vermögen bei den Pensionskassen und Rücklageverwaltern liege jedoch nur bei 213,5 Mrd. Euro – die Deckung ist damit auf nur 54,5,% gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um mehr al 10% (Deckung 2013: 65,3%).

Hintergrund sind unterschiedlich kalkulierte Zinszusagen auf die gegenwärtigen Pensionszusagen und -verpflichtungen. Da sie Zinsen aktuell wesentlich niedriger ausfallen, als in den Kalkulationen vorgesehen, entsteht eine faktische Mehrbelastung. Die Unternehmen müssen zur Kompensation mehr Eigenkapital als erwartet einbringen. Die Augsburger Allgemeine schreibt unter Berufung auf Thomas Jasper, Experte bei Towers Watson, von einem zusätzlichen Kapitalanteil von 80 Mrd. Euro.

BVWM-Verbandschef Mario Ohoven sieht in der Lücke eine „alarmierende Entwicklung“. Durch zunehmende gesellschaftliche Alterung sieht er den Zinseffekt noch verstärkt. Der überproportional häufigere Eintritt ehemaliger Beschäftigter in den Ruhestand sorgt für zusätzliche zeitgleiche Belastung der Pensionsverpflichtungen.

Hintergrund

Relativ unabhängig davon, auf welche Art und Weise ein Unternehmen seine Pensionsverpflichtungen realisiert (Unterstützungskassen, direkt Pensionszusagen, Pensionsauslagerungen, etc.) haftet das Unternehmen für die zugesagten Leistungen. Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) legt diese Haftung in Form einer sog. subsidiären Haftung fest. Sie greift, wenn bspw. eine Unterstützungskasse die aktuell anfallenden Verpflichtungen nicht erfüllen kann.

Der auch von Ohoven beschriebene Mehrbelastungseffekt, der aus der Summe der neuen Pensionseintritte folgt, gepaart mit den unerwartet divergierenden Zinsertragsentwicklungen, die Bestandteil der Anlagehintergründe bei Pensionsauslagerungen sind, birgt die Gefahr von Zahlungsengpässen bei den Unterstützungskassen.

Für den Pensionsnehmer ist diese Gefahr nicht relevant.

Die Unternehmen haben jedoch ein wesentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit ihrer Unterstützungskassen und artverwandten Umsetzungsmodelle, um plötzliche direkte eigene Finanzbelastungen zu verhindern. In diesem Zusammenhang werden die Einlagemittel an die Pensionsauslagerungen wie oben beschrieben erhöht.

Welche Leistungen sind betroffen?

Grundsätzlich müssen alle Leistungen, die als Pensionszusage durch ein Unternehmen an seine Mitarbeiter gemacht werden, nach gesetzlichen Vorgaben gedeckt werden. Das kann durch den Aufbau eines entsprechenden Eigenkapitals beim Unternehmen in Höhe der erwarteten Leistungen erfolgen oder durch Auslagerung der Verpflichtung an einen externen Träger, eine Versicherung oder eine Unterstützungskasse, einen Pensionsfond oder eine Pensionskasse.

Der Grad wirtschaftlicher Selbstständigkeit der Organisation, die unterschiedlichen Durchführungsarten also, entscheidet über die jeweils nötige Unternehmensbeteiligung zur Sicherung der Liquidität. Dem Grundsatz nach ist allerdings die Haftung für die Durchführung immer beim Unternehmen belassen. Damit ist die faktische Notwendigkeit zur wirksamen Absicherung der Pensionsleistungen relativ unabhängig vom Durchführungsweg.

Welche konkrete Mehrbelastung für ein Unternehmen auftritt hängt auf der anderen Seite jedoch sehr stark davon ab, welche demografische Entwicklung bei der Belegschaft vorliegt und welchen Weg der Durchführung der Pensionszusage das Unternehmen individuell umsetzt.