Betriebliche Altersvorsorge unattraktiv durch niedrige Zinsen?

23. Februar, 2015

Betriebliche Altersvorsorge und Zinsniveau – Ist die Anlage noch attraktiv?

Das für Kapitalertragsversicherungen gesetzlich abgesenkte Zinsniveau auf 1,25%, das in neuen Verträge maximal garantiert werden darf, sorgt auch in der Bewertung der Nachhaltigkeit und Attraktivität von betrieblicher Altersvorsorge für Unsicherheit. Welche Modelle rechnen sich noch? Welche Anlagen bergen Nachteile?

Abhängig von der Anlageform: Diese Zusagen sind betroffen

Nicht alle Formen der betrieblichen Altersvorsorge sind von der Neuregelung betroffen. Direktzusagen, die ihrer Art nach dem Arbeitnehmer eine garantierte Pensionshöhe bei Eintritt in das Rentenalter aus Unternehmensmittel unmittelbar zusagen, haben für Arbeitnehmer nur geringe Risiken. Hintergründig entscheidet das Anlagekonzept des Unternehmens darüber, wie attraktiv und gewinnbringend bspw. Rückstellungen oder Mittel für die Entwicklung von Pensionskapital angelegt werden. Der Arbeitnehmer erhält unabhängig davon die garantierte Rente.

Bei Modellen, die eine verzinste oder auf Unternehmensanteilen gegründete Anteile bei der Pensionsvergütung setzen, ist der Einfluss jedoch komplexer. Auch bei Realisierung der Leistungen über Fondsgesellschaften oder Direktversicherungen greifen die gesetzlichen Regelungen.

Bei allen vom Gesetz erfassten Kapitalanlageleistungen werden Zinserträge, die aus der hintergründigen Anlage der Pensionsmittel erzeugt werden, nur bis zum Maximalwert von 1,25% an den Pensionär als steigendes Pensionsguthaben angerechnet. Darüber hinaus reichende Erträge werden ausgeschüttet – und sind in vielen Modellen integrierter Bestandteil der Pensionsleistung.

Galt nun bisher ein möglicher Garantiezins von 1,75% waren Erträge, die darüber hinaus erwirtschaftet wurden, ebenfalls weitergaberelevant. Jedoch sank die Rendite nicht unter die 1,75%. Aktuell herrscht ein europaweit niedriger Referenzzins – die Erträge über dem Garantiezins sinken damit automatisch, da die im Hintergrund angelegte Geldmenge ihrerseits weniger Rendite abwirft. Sinkt sie unter nunmehr 1,25% werden auch nur noch maximal 1,25% garantiert. Im Vergleich bis zu letzten Jahr also 0,5% weniger. Das hat bei allen nicht regulierten Anlageformen Auswirkungen. Für Pensionäre, deren Auszahlung zu einem Teil aus den Zinsüberschüssen gespeist wird, bedeutet das merkliche Einbussen in der Höhe der erwarteten Ausschüttungen.

Wirkung für Arbeitgeber

Gegenüber dasinvest.com äußerte Richard Herrmann, Vorstandsvorsitzender beim bAV-Beratungsunternehmen Heubeck:

In den Fällen, in denen die ursprüngliche Verzinsung nicht mehr erreicht werden kann, ist der Arbeitgeber gezwungen, im Falle der Leistungszusage den „Zinsausfall“ durch eigene Mittel auszugleichen.

Das kann zu Lücken in der Rücklagebildung führen – Unternehmen müssen aus laufenden Mitteln heraus kompensieren. Träger von Unterstützungskassen oder vergleichbaren Einrichtungen sind ggf. gezwungen, die kalkulatorische Lücke durch zusätzliche Bezuschussung zu schließen.

Hintergrund

Auf gesetzlicher Basis haften Unternehmen für die Aufrechterhaltung eingegangener Pensionszusagen. Das gilt auch dann, wenn an ihrer Stelle eine Unterstützungskasse, ein Pensionsfonds oder eine Direktversicherung die Leistungen tragen. Können diese Träger die Verpflichtungen nicht mehr einhalten, müssen Unternehmen ggf. selbst Zahlungen leisten oder die Modelle durch Bezuschussung stützen.

In fast allen Kapitalanlagen sind verzinste Vermögenszuwächse Bestandteil der jeweiligen Kalkulationen. Sinkt das marktgebundene Zinsniveau unter den mit den Pensionären vereinbarten Mindestgarantiezins, muss das Unternehmen die Differenz ausgleichen. Hier kommt es also über die gegenüber der Planung verminderten Einnahmen hinaus zu Fehlbeträgen und Lücken.

Aber, so Heubeck weiter:

Man wird außerhalb der bAV keine deutlich renditestärkeren Vermögensanlagen bei vergleichbarer Sicherheit finden.

Er begründet das u.a. mit der Länge möglicher Anlagedauer und weiter Spektren von wählbaren Anlageformen.

Für den Einzelfall bedeutet das aber: Sowohl beim Wechsel des Arbeitgebers als auch bei Neuabschlüssen von Verträgen zur bAV muss auf die Nachhaltigkeit für den Arbeitnehmer geachtet werden und auf mögliche Finanzierungslücken, die dem Unternehmen als zukünftiges Risiko entstehen können.

Je nach Sachverhalt und Angeboten zu Verträgen in der betrieblichen Altersvorsorge sind ggf. auch Alternativen in der privaten Altersvorsorge oder Finanzanlage zu suchen. Die Beurteilung hängt jedoch stark sowohl von der individuellen Situation des Arbeitnehmers ab als auch von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und der aus diesen Zusammenhängen entstehenden vertraglichen Gestaltung der bAV.