Betriebliche Altersvorsorge: Kommt die Nahles-Rente?

09. Mai, 2016

Eines der ganz großen Themen auf der Wahlkampf-Agenda 2017 wird das Rentenproblem sein. Während Norbert Blüm noch verkündete, dass die Renten sicher seien, erkannten Leute wie Walter Riester und Bert Rürup bereits den Handlungsbedarf. Sie führten Konzepte für die private Vorsorge ein – die sich jedoch ebenfalls als nicht ausreichend erwiesen. Nun kommt Arbeitsministerin Nahles (SPD) mit einer neuen Idee: einer flächendeckenden Betriebsrente.


Ein gutes Konzept, das noch immer zu wenig genutzt wird

Die Idee der betrieblichen Altersvorsorge an sich ist freilich nicht neu. Seit 2002 besteht sogar ein gesetzlicher Anspruch für Arbeitnehmer, seit 2005 ist es wesentlich einfacher geworden, die Betriebsrente bei einem Unternehmenswechsel mitzunehmen. Bei allen Durchführungswegen investieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam in die Altersvorsorge für den Arbeitnehmer – ein verlockendes Angebot, sollte man meinen.

Trotzdem nutzen noch längst nicht alle Beschäftigten diese Möglichkeit. Bislang gibt es in Deutschland rund 15 Millionen Verträge, während 12 bis 13 Millionen eigentlich berechtigte Angestellte noch ohne Betriebsrente dastehen. Eines der Probleme ist die sehr ungleiche Verteilung: Während in Großunternehmen nahezu die gesamte Belegschaft abgesichert ist, nutzen vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen die betriebliche Altersvorsorge bisher kaum. Und die wenigsten Arbeitgeber setzen dort ihren gesetzlichen Anspruch durch. Im Gegenteil, gerade die Geringverdiener verzichten häufig auf die zusätzliche Rente. Einerseits brauchen sie jeden Euro zum Leben, andererseits fürchten sie, dass die Betriebsrente irgendwann auf die Grundsicherung angerechnet wird.


Arbeitgeber entlasten, Anreize schaffen

Genau hier will Andrea Nahles ansetzen. Ihr schwebt einerseits vor, die einzelnen Arbeitgeber zu entlasten. Künftig soll es Sozialpartner geben, indem beispielsweise Arbeitgeberverbände oder Gewerkschaften zentrale Versorgungseinrichtungen gründen. Und nur für diese müsste dann ein Anbieter für die Betriebsrente gesucht werden. Dieses Vorgehen würde vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen entlasten, die oftmals den bürokratischen Aufwand der betrieblichen Altersvorsorge scheuen. Die Arbeitgeber würden dabei trotzdem weiterhin einen Zuschuss zur Betriebsrente zahlen, hätten dafür aber deutlich weniger Haftungsrisiken zu tragen.

Gleichzeitig sollen Anreize für die Arbeitnehmer geschaffen werden: So sollen Geringverdiener steuerlich begünstigt werden, damit sie sich die Betriebsrente leisten können. Außerdem wird derzeit diskutiert, die betriebliche Altersvorsorge nicht mehr vollständig auf die Grundsicherung anzurechnen, um auch dieses Hemmnis aus dem Weg zu räumen.


Oder ein Opt-Out-Modell?

Eine Variante, die bereits in mehreren europäischen Staaten sowie in Kanada und den USA praktiziert wird, ist das sogenannte Opt-Out-Modell. Dabei wird jeder Arbeitnehmer bei der Aufnahme seines Arbeitsverhältnisses automatisch betrieblich rentenversichert. Wenn er das nicht will, hat er die Möglichkeit zu widersprechen. Für diese Methode spricht sich unter anderem Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) aus. Auch die OECD favorisiert diese Variante, denn das Sozialpartnermodell von Nahles in seiner derzeitigen Form halten die Finanzexperten für nicht ausreichend. Der CDU-Arbeitnehmervertreter Karl-Josef Laumann ist sogar dafür, die Betriebsrente für alle verpflichtend einzuführen, also ohne die Option, wieder auszusteigen.

Was auch immer entschieden wird: Viel Zeit bleibt den Parteien nicht mehr, denn in 18 Monaten sind bereits Wahlen. Und diese werden vor allem in puncto Altersvorsorge überaus spannend.